Corona-Virus

Personalratsarbeit nach LPersVG in der Corona-Krise

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Personalratsarbeit nach LPersVG in der Corona-Krise

FAQs für Personalräte in den Ländern
Break in der Mitbestimmung? Gerd Altmann, pixabay.com Break in der Mitbestimmung durch Corona?

Antworten auf die wichtigsten Fragen von Personalräten in den Ländern:

(Stand 24.03.20)

  • Können Mitbestimmungsrechte der Personalräte aufgrund der derzeitigen Corona-Lage ausgesetzt oder eingeschränkt werden?

    Grundsätzlich nein. Auch wenn die Tatbestände der Mitbestimmung nach den Landespersonalvertretungsgesetzen unterschiedlich ausgestaltet sind, ist den Landespersonalvertretungsgesetzen gemeinsam, dass eine etwaige Notstandsregelung mit der Folge der Aussetzung nicht besteht. Die Beteiligungsrechte (Mitbestimmung, Mitwirkung) können grundsätzlich nicht ausgesetzt oder eingeschränkt werden.

    Gleichwohl gib es in den meisten Bundesländern Einschränkungen insoweit, als dass die Dienststellenleitung in Eilfällen vorläufige Maßnahmen („die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden“) einseitig durchführen und darüber hinaus die Fristen für die Zustimmungsverweigerung der Personalvertretung verkürzen kann. Die Fristen für die Reaktion der Personalvertretung in Mitbestimmungsfragen ist in den einzelnen Landes-personalvertretungsgesetzen ebenso unterschiedlich geregelt wie Möglichkeit der arbeitgeberseitigen Fristverkürzung in Eilfällen:

    Nach dem Berliner Personalvertretungsgesetz sind weder vorläufige Maßnahmen noch Fristverkürzungen vorgesehen, teilweise (LPersVG BB, ThürPersVG, SächsPersVG) ist eine Verkürzung der Reaktionsfrist der Personalräte auf drei Arbeitstage vorgesehen, nach den Landespersonalvertretungsgesetzen Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz kann die Dienststellenleitung die Frist auf sechs Arbeitstage bestimmen. Vorläufigen Regelungen, soweit sie nach dem jeweiligen Landespersonalvertretungsgesetz zulässig sind, sind dann dem Personalrat mit Begründung mitzuteilen und das sog. Eskalationsverfahren (Stufenverfahren bis hin zur Einigungsstelle) ist einzuleiten.

    Es kann davon ausgegangen werden, dass arbeitgeberseitig an sich mitbestimmungspflichtige Maßnahmen vor dem Hintergrund der Corona-Krise einseitig durchgeführt werden, sofern sie nach dem jeweiligen Landespersonalvertretungsgesetz zulässig sind. Weiter ist denkbar, dass die Dienststellenleitung unter Berufung auf das Vorliegen eines Eilfalls die Frist zur Reaktion des Personalrates verkürzt. Dass dies zurzeit die Personalvertretung vor besondere Herausforderungen stellt, ist offensichtlich (außerplanmäßige Sitzungen, Amtsunfähigkeit von Mitgliedern des Gremiums etc.).

    Grundsätzlich können Personalräte bei mitbestimmungswidrigem Verhalten das Verwal-tungsgericht anrufen mit dem Ziel, die Mitbestimmungswidrigkeit feststellen zu lassen. Davon sollte derzeit jedoch nur in krassen Fällen Gebrauch gemacht werden. Vielmehr geht es derzeit darum, den Dialog mit der Dienststellenleitung zu suchen, um zu zielorientierten und krisenadäquaten Lösungen zu kommen, das bedeutet kurzfristige Lösun-gen und Regelungen zu treffen, um der rasanten Entwicklung der derzeitigen Lage Stand zu halten.

  • Kann der Personalrat weiter Sitzungen abhalten?

    Er kann. Auch in (vermeintlichen oder tatsächlichen) Gefahrensituationen kann die Dienststellenleitung dem Personalrat grundsätzlich nicht vorschreiben, ob und wann er Sitzungen abhält. Das ergibt sich aus dem sog. Selbstverwaltungsrecht der Personalräte. Die Dienststellenleitung muss auch in Krisensituationen geeignete Räumlichkeiten für die Sitzungen zur Verfügung stellen. Dies gilt auch im Falle einer etwaigen Schließung der Dienststelle. Dann muss die Dienststellenleitung gegebenenfalls Räumlichkeiten außerhalb der Dienststelle bereitstellen, wenn die Gefährdungslage dies erfordert.

    Inwieweit dies seitens der Dienststellenleitung momentan realisierbar ist, bleibt dahinge-stellt. Deshalb ist auch hier zu überlegen, ob sich aufgrund der Entwicklungen nicht an-dere Möglichkeiten finden lassen, wenn es etwa zu Schließungen der Dienststelle kommt. So ist es nicht ausgeschlossen, Personalratssitzungen, die dem Informationsaus-tausch dienen, mittels Video- oder Telefonkonferenzen durchzuführen, allerdings sind in diesem Fall wirksame Beschlüsse nicht möglich.

  • Sind wirksame Beschlüsse des Personalrats bzw. des Bezirks- oder Hauptpersonalrats außerhalb von Sitzungen (Videokonferenz, Telefonkonferenz, Umlaufverfahren) möglich?

    In den meisten Bundesländern nicht. Nach der ganz herrschenden Meinung verbieten der Anwesenheitsgrundsatz sowie das Nichtöffentlichkeitsgebot sog. virtuelle Personalratssitzungen. Beschlüsse, die z. B. im Rahmen einer Videokonferenz ergehen, sind nach ganz überwiegender Ansicht unwirksam. Dafür, dass vor dem Hintergrund einer großen Infektionsgefahr andere Maßstäbe gelten könnten, lässt sich zurzeit keine ar-beitsrechtlich vertretbare Begründung anführen. Beschlüsse im Umlaufverfahren sind nach den Landespersonalvertretungsgesetzen von Sachsen (§ 35 Absatz LPersVG) und Baden-Württemberg (§ 34 Absatz 3 LPersVG) ausdrücklich vorgesehen. In Bayern ist die Beschlussfassung im Umlaufverfahren gem. Art. 37 Abs. 3 BayPVG im Einvernehmen al-ler Personalratsmitglieder in „einfachen Angelegenheiten“ möglich.

    Gleichzeitig können Personalräte im Geltungsbereich des BayPVG Entscheidungen gem. Art. 32 Abs. 4 BayPVG auf den/die Vorsitzende*n übertragen. Das Bayrische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat regt derzeit eine großzügige Auslegung des Begriffs der „einfachen Angelegenheiten“ an und sieht – das ist allenfalls vor dem Hinter-grund der aktuellen Krise vertretbar – den Delegationsbeschluss nach Art. 32 BayPVG als „einfache Angelegenheit“ an.

    Weiter liegt dem Hessischen Landtag derzeit ein Gesetzesentwurf vor, nach dem für die Zeit der „Corona-Krise“ virtuelle Personalratssitzungen zu wirksamen Beschlüssen führen können. Ob dem auch andere Bundesländer folgen, bleibt abzuwarten.

    Für die Landespersonalvertretungsgesetze der Länder Saarland (SPersVG) und Rheinland-Pfalz (LPersVG) liegen jeweils Rundschreiben der Innenministerien vor, in denen eine Be-schlussfassung der Personalräte im Umlaufverfahren empfohlen und eine arbeitgebersei-tige Anfechtung solcher Beschlüsse ausgeschlossen werden.

    Hintergrund ist folgender: In beiden Ländern ist eine Beschlussfassung außerhalb von Sitzungen zwar für Stufenvertretungen, nicht jedoch für Personalräte vorgesehen (vgl. §§ 36 53 Abs. 1 SPersVG; §§ 31 Abs. 1; §§ 31 Abs. 1, 55 Abs. 4 LPersVG RP). Die In-nenministerien schlagen nunmehr eine analoge Anwendung der Vorschriften für Be-schlussfassung im Umlaufverfahren auch für örtliche Personalräte vor. Auch hier wird „rechtlicher Graubereich“ eröffnet, indes wird vor dem Hintergrund der Aktualität der Ereignisse eine solche Vorgehensweise der zu befürchtenden Alternative, einer Lähmung jedweder Beschlussfassung der Personalräte, vorzuziehen sein.

    Weitere Aktivitäten durch Landesregierungen oder Landesparlamente sind zu erwarten. Solche werden unverzüglich im Rahmen dieses Papiers eingepflegt werden.

    Angesichts des bestehenden Ausmaßes der Gefährdungslage aufgrund des Corona-Vi-rus ist über weitere Alternativen nachzudenken, die es ermöglichen, die Handlungsfähigkeit des Personalrats aufrechtzuhalten. So ist denkbar, dass Regelungsabreden zwischen Personalrat und Dienststellenleitung geschlossen werden, die das strenge Fristen-regiment der Landespersonalvertretungsgesetze für konkret beschriebene Sachverhalte hemmen, bzw. dass die Dienststellenleitung auf Einreden/Einwendungen verzichtet für einen bestimmten Zeitraum, der durch die Lage aufgrund des Corona Virus begrenzt ist. Dies würde dann allerdings im „rechtlichen Graubereich“ einzuordnen sein.

  • Kann der Personalrat Vereinbarungen zu Homeoffice verlangen?

    In den meisten Bundesländern ja. Der Personalrat hat in den meisten Bundesländern ein Mitbestimmungsrecht einschließlich des Initiativrechts bei Regelungen hinsichtlich der „Gestaltung der Arbeitsplätze“ (entsprechend § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG). Daher kann der Personalrat Regelungen zur Durchführung von Homeoffice und mobiler Arbeit anregen und ggf. durch Dienstvereinbarungen normieren. Weiter ist ein Initiativrecht des Personalrates zu bejahen, wenn die Gewährung von Homeoffice-Arbeitsplätzen als Maßnahme des Gesundheitsschutzes (Vorschriften der LPersVG entsprechend § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG) verlangt wird. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund der Maßnah-men gegen die Verbreitung des Corona Virus in der Tat sinnvoll und notwendig. Schon aufgrund der Schul- und Kitaschließungen bundesweit muss dies schnellstmöglich erfolgen.

  • Kann der Personalrat Vereinbarungen zu flexiblen Arbeitszeiten verlangen?

    Der Personalrat hat hinsichtlich der zeitlichen Lage der Arbeitszeit ein Mitbestimmungs-recht und damit auch ein Initiativrecht gemäß den jeweiligen Vorschriften der LPersVG entsprechend § 75 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. § 70 Abs. 1 BPersVG. Grundsätzlich kann der Personalrat daher verlangen, dass die Dienststellenleitung mit ihm etwa über einen Vor-schlag zu flexiblen Arbeitszeiten verhandelt. Kommt eine Einigung nicht zustande, kann der Personalrat die Durchführung des Stufenverfahrens bis hin zu einer Entscheidung der Einigungsstelle anstrengen. Allerdings ist das Mitbestimmungsrecht „verbraucht“,
    wenn zwischen Personalrat und Dienststellenleitung bereits eine Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit abgeschlossen worden ist. In diesem Fall besteht, solange die Dienstvereinbarung wirksam ist, kein Verhandlungsanspruch des Personalrats. Allerdings ist auch hier wegen der bestehenden Gefährdungslage aufgrund des Corona-Virus davon auszuge-hen, dass eine Anpassung der Verteilung der Arbeitszeit von beiden Parteien gewollt wird, um etwa Auswirkungen wie die Kurzarbeit (siehe FAQ zur Kurzarbeit und Hinweis für Personalräte zur Kurzarbeit) zu vermeiden.

    Jedenfalls sollte der Personalrat überprüfen, ob bestehende Arbeitszeitregelungen eine Flexibilisierung zulassen, und prüfen, ob eine entsprechende Initiative seinerseits auf-grund der besonderen Lage angezeigt ist.

  • Kann der Personalrat sich gegen die Anordnung von „Zwangsurlaub“ wehren?

    Ja, er kann seine Zustimmung zu sog. „Betriebsferien“ oder „Zwangsurlaub“ verweigern mit der Folge, dass die Dienstellenleitung das Stufenverfahren und ggf. eine Eini-gungsstellenentscheidung anzustrengen hat. Der Personalrat hat bezüglich der Urlaubs-grundsätze, des Urlaubsplans und sogar bezüglich der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Beschäftigte ein Mitbestimmungsrecht (§ 75 Abs. 3 Nr. 3 BPersVG). Anordnun-gen von Urlaub ohne Zustimmung des Personalrats oder eine diesbezügliche Entschei-dung der Einigungsstelle ist in den meisten Bundesländern rechtlich allenfalls als vorläu-fige Maßnahme denkbar. Hier setzt die Rechtsprechung jedoch „hohe Hürden“.

    Möglicherweise gibt es aber auch hier und da in Dienststellen ein Interesse, gemeinsame Regelungen zu finden, um den Beschäftigten die Möglichkeit zu eröffnen, kurzfristig und schneller Urlaub zu beantragen oder zu gewähren, wenn sie das möchten.

 

Diese FAQs werden entsprechend den Entwicklungen, der Lage und den offiziellen Empfehlungen zum Covid-19 Virus angepasst und aktualisiert. Hier finden sich weitere Infos vom Bereich Mitbestimmung.
(Stand 24.03.20)

Weitere Informationen für Beschäftigte zur Corona-Krise:

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